Zero Waste Blog: Geld war gestern

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Gestern war Weltspartag. Das passt. Ein Aktionstag, der die Leute zu Renditejäger*innen erziehen will, ist ziemlich von gestern. Dabei ist das Sparen eigentlich eine Tugend der Spitzenklasse. Vorausgesetzt man spart an den richtigen Stellen: am Ressourcenverbrauch, am Abfall, am CO2-Ausstoß.

Nicht wenige derjenigen, die ihre Kindheit in der Bundesrepublik der Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahre erlebt haben, erinnern sich an das Ritual, das immer am letzten Werktag vor dem 31. Oktober stattfand: mit Sparschwein zur örtlichen Bank laufen, es behutsam öffnen (nicht zertrümmern!) und das angesammelte Taschengeld auf das eigene Sparbuch einzahlen. Bei der Gelegenheit wurden gleich die angefallenen Zinsen des Jahres gutgeschrieben. Wer wollte da etwas Böses denken? „Geld war harmlos“, resümierte Wiglaf Droste in seinen lesens- und hörenswerten Gedanken zum „Weltspartag“.[1] So viel Vertrauen hatten die Menschen nicht immer in Banken – vor allem nicht nach der Hyperinflation in Deutschland 1923, die sich zum „nationalen Trauma“ entwickeln sollte.[2] Weil „vertrauensbildende Marketingmaßnahmen“ unumgänglich waren, ließ sich der internationale Sparkassenkongress 1924 den Weltspartag einfallen.[3]

Bis heute funktioniert der Trick mit dem „internationalen Tag“. Die Finanzwirtschaft bekommt jede Menge Aufmerksamkeit und Gratissendezeit, um ihre Werbebotschaft an die Kundschaft zu bringen. Und wenn zu Zeiten der Niedrigzinspolitik Sparkonten nicht so gut laufen, empfiehlt die Branche eben andere Finanzprodukte.

Die Rendite muss stimmen

Wir finden die Idee mit dem Sparen gar nicht so schlecht. Wir könnten uns so viel sparen. Zum Beispiel Konten bei Banken, die in Rüstungs- und Kohleindustrie investieren.[4] Oder wir sparen uns Müll und Treibhausgasemissionen. Dazu gibt es so viele Ansätze, dass wir hier nur eine Auswahl aufzählen können:

Sparen wir uns den Textilmüll von morgen![5]

Sparen wir uns die Nachhauselieferung von Essen, das wir genauso gut selbst kochen könnten![6]

Sparen wir uns (Wegwerf-)Windeln![7]

Sparen wir uns Einwegflaschen![8]

Sparen wir uns brandgefährliche Batterien![9]

Sparen wir uns das Mindesthaltbarkeitsdatum![10]

Sparen wir uns den To-go-Becher![11]

Möglicherweise klingt das ewige Sparen, Sparen, Sparen aber auch etwas unsexy. Dann werfen wir doch lieber einen Blick auf das, was wir mit Suffizienz[12] gewinnen. Im Marketingsprech heißt das gern: „Sichern Sie sich jetzt …“. Also sichern wir uns …

… Zeit – wenn wir nicht andauernd Neues kaufen müssen!

… guten Schlaf – wenn wir nicht bei fiesen Umweltschweinereien mitmachen!

… eine intakte Umwelt – in der das Leben auch in ein paar Jahrzehnten noch richtig Spaß macht!

Wie bitte, liebe Banken, ihr habt diese Renditeversprechen nicht im Angebot? Dann feiern wir lieber täglich unseren Weltspartag. Und zwar ohne euch, sorry!



[1] Wiglaf Droste, Im Sparadies der Friseure (2010), https://www.youtube.com/watch?v=3a3NRLFGsTo

[4] Zum schnellen Einstieg siehe #NichtMitMeinemGeld auf twitter